„Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen.“ So ist es in der Aufgabenbeschreibung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nachzulesen. Seit der feierlichen Eröffnung am 28. September 1951 haben die Karlsruher Richter rund 220.4000 Verfassungsklagen geprüft.
Gefeiert wird in diesem Jahr allerdings in Karlsruhe nicht. Das habe man 2001 zum 50-jährigen ausführlich getan und erst 2015 zur 300-Jahrfeier der Stadt habe man bei einem Tag der offenen Tür Einblick in das Gericht gewährt, hieß es bei der Pressestelle des Gerichts. In der Residenz des Rechts wird also auch am Jubiläumstag gearbeitet und möglicherweise Rechtsgeschichte geschrieben.
Das BVerfG genießt ein hohes Maß an Respekt und Ansehen in der Bevölkerung und sogar über die Grenzen Deutschlands hinaus. Diesen Respekt haben sich die Richter und die Richterinnen (für lange Jahre war Erna Scheffler die einzige Richterin am höchsten deutschen Gericht, derzeit sprechen dort sieben Frauen neben neun Männern Recht) in vielen Entscheidungen verdient. Erste Präsidentin des BVerfG war ab 1994 Jutta Limbach, die im Alter von 82 Jahren am 10. September 2016 verstorben ist.
Eine der ersten großen Auseinandersetzungen gab es schon 1952. Das Gericht war damals noch der Dienstaufsicht des Justizministeriums unterstellt. Die Richter des Ersten und Zweiten Senats forderten in einer Denkschrift ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit und setzten sich damit durch. Seit 1953 gilt das BVerfG als eines der Staatsorgane neben dem Bundespräsidenten, dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung. Übrigens: Die roten Roben wurden erst 1963 als besonderes Kennzeichen der Bundesverfassungsrichter eingeführt.
Schon die Konrad-Adenauer-Regierung bekam es 1961 mit den Karlsruher Richtern zu tun. Diese kippten nämlich die Gründung eines Staatsfernsehens, der Zweite Senat erklärte das Vorhaben kurzerhand für verfassungswidrig.
Wiedervereinigung, Meinungsfreiheit, Datenschutz – das sind die Themen, denen sich die Verfassungsrichter seit sechs Jahrzehnten immer wieder widmen und damit haben sie durchaus auch das öffentliche Leben in Deutschland geprägt. Immer wieder ist auch die Rede davon, dass sich die Richter und Richterinnen zu sehr in die Politik einmischen, andererseits sind es auch immer wieder die Politiker und politischen Parteien, die das BVerfG anrufen, um Gesetze überprüfen zu lassen.
Eines der spannendsten Urteile stammt aus dem Jahr 1966 also noch aus der „Jugendzeit“ der Bundesrepublik. Mit dem Urteil zur Spiegel-Affäre haben die Karlsruher Richter die Pressefreiheit in dieser Demokratie festgeschrieben. Und auch der Meinungsfreiheit räumt das BVerfG immer wieder einen hohen Stellenwert ein. Gerade Anfang August sind zum Thema Meinungsfreiheit vor Persönlichkeitsschutz einige Beschlüsse veröffentlicht worden.
Hüter des Grundgesetzes und Schützer der Grundrechte der Bürger
Das BVerfG ist nicht nur Staatsorgan, sonders es wacht auch darüber, dass Parlament und Regierung die Verfassung einhalten. Es kann also jeden Akt der gesetzgebenden Gewalt, der Regierung und der Verwaltung und jede Entscheidung der Gerichte auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen. Gleichzeitig hat es die Aufgabe, das Grundgesetz rechtsverbindlich zu interpretieren. Als Gericht ist es ein Teil der rechtssprechenden Gewalt. Allen anderen Gerichten gegenüber hat es eine einzigartige Stellung. Es ist das höchste Gericht des Bundes, die letzte Instanz für die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit des politischen Lebens. Es kann die Entscheidungen aller anderen Gerichte aufheben, wenn sie der Prüfung auf ihre Verfassungsmäßigkeit nicht standhalten. Seine Entscheidungen sind für alle verbindlich.
Verfassungsbeschwerde kann jeder einlegen, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten oder bestimmten anderen Rechten im Grundgesetz unmittelbar verletzt sieht. Dazu gehören etwa die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Einen Anwalt braucht es dafür nicht. Allerdings ist Voraussetzung, dass vorher gegen den Verstoß alles unternommen und der Rechtsweg voll ausgeschöpft wurde.
Happy Birthday Bundesverfassungsgericht und welch ein Glück : Gerichte gehen mit 65 nicht in Rente.
Das Bundesverfassungsgericht in Zahlen:
- Die Entscheidungen treffen 16 Richter in zwei Senaten.
- Sie sind von Bundestag oder Bundesrat auf 12 Jahre gewählt.
- Seit Gründung wurden rund 220.400 Verfahren anhängig (Ende 2015).
- Mehr als 95 Prozent davon sind Verfassungsbeschwerden.
- Nur 2,3 Prozent dieser Beschwerden haben im Durchschnitt Erfolg.
- Derzeit kommen jedes Jahr um die 6.000 neue Verfahren hinzu.
- Das Gericht hat etwa 260 Mitarbeiter.
- Das Jahresbudget beläuft sich auf rund 28 Millionen Euro.
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