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Die elektronische Akte als Zukunft für jede Kanzlei
IT-Anwalt Dr. Thomas Lapp plädiert für den zügigen Einsatz der E-Akte
Ist die elektronische Akte für Rechtsanwälte ein Schritt in die Zukunft, ein notwendiges Übel oder eine Horrorvorstellung? Es kommt darauf an! Elektronik allein ist noch keine Zukunft. Ergonomie ist wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz in der Praxis. Richtig implementiert überwiegen die Vorteile die mit jeder Umstellung von Arbeitsabläufen empfundenen Nachteile eindeutig.
Technik muss sexy sein – Vorteile der E-Akte
Es wird gern erzählt, deutsche Juristen seien technikfeindlich. Man muss nur beobachten, wie viele Kolleginnen und Kollegen mit Smartphone oder Tablet unterwegs sind, um zu sehen, dass das falsch ist. Auch der Siegeszug des Fax in deutschen Anwaltskanzleien hat das deutlich gezeigt. Die Technik muss sexy sein, dass „haben will“-Gefühl auslösen und schon hält der Fortschritt Einzug. Nach unserer Erfahrung sind moderne große Bildschirme ein wesentlicher Erfolgsfaktor auf dem Weg zum papierlosen Büro. Große Monitore sind heute für kleines Geld zu erwerben. So sind Monitore mit 30 Zoll (80 cm) ab 400 €, Monitore mit 40 Zoll (100 cm) ab 600 € im Handel. Anwälte sind es gewohnt, bei Erstellung von Schriftsätzen auf ihrem Schreibtisch die Akte mit den Papierdokumenten, daneben den Praktiker-Kommentar zu haben und hin und wieder aus dem Regal einen Band NJW oder andere Fachzeitschriften für Urteile oder einschlägige Aufsätze dazuzulegen. Ist der Bildschirm groß genug, um neben dem Schriftsatz der Gegenseite, auf den erwidert wird, die juristische Datenbank mit Kommentaren, Rechtsprechung, Formularsammlung, Aufsätzen etc. anzuzeigen, wird ganz schnell die Neigung zum Ausdrucken auf Papier nachlassen. Die Bequemlichkeit, weder zum Drucker noch zum Aktenschrank oder in die Bibliothek gehen zu müssen, gewinnt die Oberhand.
Gern versucht man, neue Technik an einfachen Fällen auszuprobieren. Allerdings sind die Vorteile bei kleinen Akten mit wenigen Schriftstücken oft bei der Papierakte. Sie ist leicht, schnell zu überfliegen und wird meist nur von einer Person benutzt. Eine Akte im gängigen Format PDF kann, auch bei gescannten Dokumenten, sehr leicht strukturiert und nach Stichworten durchsucht werden. Auch in mehreren 100 Seiten starken Akten findet die Software auf Knopfdruck alle Stellen, an denen ein bestimmter Zeuge benannt oder ein bestimmtes Stichwort verwendet wurde. Auch wenn man die Akte eigentlich kennt, ist dies eine große Hilfe. Lesezeichen erlauben es, ein Stichwortverzeichnis zu erstellen, mit dem auf Mausklick die gewünschte Stelle aufgeschlagen wird. Auch farbige Markierungen im Text und Notizen zu einzelnen Textstellen sind elektronisch möglich. Hat man diese Möglichkeiten einmal ausprobiert, möchte man nicht zurück zu Haftnotizen, Textmarker und gefalteten Blättern.
Elektronische Akten – werden nicht gesucht, sondern einfach benutzt
Nicht zu unterschätzen ist, dass elektronische Akten nicht gesucht werden müssen, sondern immer an jedem Arbeitsplatz in der Kanzlei sofort verfügbar sind. Der Anwalt muss die Akte nicht hergeben, nur weil ein Posteingang einzusortieren, eine Abrechnung zu erstellen, eine Zahlung zu buchen oder eine Frist zu notieren oder abzuhaken ist. Es kann parallel gearbeitet werden, die Aktensuche gehört der Vergangenheit an.
Die Zukunftsstudie des Deutschen Anwaltvereins „Rechtsdienstleistungsmarkt 2030“ zeigt, dass immer häufiger mobil (auf Geschäftsreisen, im Home Office etc.) gearbeitet wird. Elektronische Akten sind mobil und leicht mitzunehmen. Anders als Papierakten kosten sie keinen Platz in der Aktentasche und haben kein zusätzliches Gewicht. So kann notfalls auch auf Reisen ein fristwahrender Schriftsatz veranlasst werden.
Mein PC hört aufs Wort – das digitale Diktat vereinfacht die Arbeit
Nicht nur SIRI auf dem iPhone ist in der Lage, gesprochene Sprache in Text umzusetzen. Auch Diktatsoftware, etwa Dragon Dictate oder andere Produkte, können Text schneller schreiben, als selbst geübte Schreibkräfte. Der bisherige Nachteil des Diktats, dass man den diktierten Text nicht vor sich sehen kann, entfällt. Änderungen, insbesondere Umstellungen der Struktur/Gliederung, sind schnell vorgenommen. Die Fehlerquote ist erstaunlich gering. Anfangs muss man sich daran gewöhnen, dass der Computer keine Tippfehler macht, bei Erkennungsfehlern aber ein völlig anderes Wort schreibt. Das falsch erkannte Wort wird richtig geschrieben, sodass die Rechtschreibprüfung in Word keine Chance hat. Die Korrektur muss mit einem gewissen zeitlichen Abstand erfolgen, weil man sonst die eigenen Fehler nicht erkennt. Das kann auch die Schreibkraft übernehmen, der man auch die Feinarbeit und Formatierung überlassen kann. Insgesamt wird Arbeitszeit sowohl beim Anwalt als auch bei den Fachangestellten eingespart.
Datenaustausch mit der Justiz – einfach mit der eAkte
Aktuell haben wir häufig die kuriose Situation, dass Texte elektronisch erstellt, auf Papier ausgetauscht und dann wieder eingescannt werden. Nur in Hessen, Berlin und Sachsen kann bei allen Gerichten elektronisch eingereicht werden. Schon dadurch entstehen erhebliche Vorteile, da selbst umfangreiche Schriftsätze in wenigen Sekunden übertragen sind. Außerdem gibt es ein mit elektronischer Signatur versehenes Empfangsbekenntnis. In Hessen gibt es zusätzlich die elektronische Gerichtskostenrechnung mit Online-Bezahlfunktion, die unmittelbar an die Mandanten weitergereicht werden kann. Vorkasse und Zahlungsabwicklung in der Kanzlei entfallen. Das Sozialgericht Frankfurt am Main wickelt, soweit möglich, die gesamte Kommunikation elektronisch ab. Werden Schriftsätze künftig nach dem x-Justiz-Standard erstellt, können Daten wie Parteien, Prozessbevollmächtigte, Streitwert, Aktenzeichen (Gericht/Anwälte) etc. unmittelbar vom Anwaltsprogramm des Empfängers ausgelesen und verarbeitet werden. Zusätzliche Eingaben entfallen. Es wird Arbeitszeit gespart und Fehlerquellen vermieden.
Datensicherheit hat höchsten Stellenwert bei der E-Akte
Die komplett elektronische Aktenführung bringt auch neue Gefahren. Nicht erst seit den Veröffentlichungen durch Edward Snowden sind die Bedrohungen bekannt. Der Schutz der Vertraulichkeit der Daten und Informationen ist neben dem Verbot widerstreitender Interessen das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Anwaltschaft und verdient daher besondere Anstrengungen. Die Einführung elektronischer Akten schafft jedoch weniger neue Gefahren als dass sie den Blick auf die bereits aktuell bestehenden Gefahren schärft und Anlass zu ohnehin fälligen Gegenmaßnahmen gibt. Computer und Telefax haben in den meisten Kanzleien längst Einzug gehalten. Wenige sind sich bewusst, dass auch Drucker, Kopierer, Telefonanlagen und Faxgeräte Computer sind, die erhebliche Mengen von Daten speichern. Hinzu kommen die Daten in Smartphones und Tablet-PC. Datenschutz und Datensicherheit sind daher nicht erst seit der elektronischen Akte in Anwaltskanzleien zu beachten. Der romantisch/verklärte Blick in die Vergangenheit führt dabei leicht in die Irre. Auch die Plastik-Farbbänder der IBM-Kugelkopfschreibmaschinen erlaubten das Auslesen der geschriebenen Texte und mussten eigens entsorgt werden. Papierakten auf Schreibtisch, Schränken und Fußboden mussten vor den Putzkolonnen weggeräumt werden. Beides ist häufig ignoriert worden.
Moderne Anwaltskanzleien können sich den Anforderungen der Datensicherheit nicht mehr verschließen. Die in der Kanzlei vorhandenen Daten einschließlich der elektronischen Akten müssen sowohl gegen Verlust als auch gegen Ausspähen geschützt werden. Regelmäßig kann dies nicht durch die Anwälte in eigener Verantwortung organisiert werden, sondern ist Aufgabe von spezialisierten Dienstleistern. Dies gilt auch für die Entsorgung von Datenträgern. Zu bedenken ist, dass mit diesen Dienstleistern eine Vereinbarung zur Datenverarbeitung im Auftrag nach § 11 BDSG geschlossen werden muss. Die Vereinbarung muss schriftlich nach sorgfältiger Auswahl des Vertragspartners formuliert werden. § 11 BDSG enthält einen 10-Punkte-Katalog von Regelungen, die getroffen werden müssen. Außerdem müssen die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten nach der Anlage zum BDSG ausdrücklich festgelegt werden. Zu beachten ist, dass die Datenverarbeitung im Auftrag von den Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes insoweit befreit, als dann nicht von einer Übermittlung der Daten an den Vertragspartner ausgegangen wird. § 203 StGB und § 43a Abs. 2 BRAO kennen solche Ausnahmen nicht, sodass von den Mandanten eine Einwilligung zur externen Wartung der IT in der Anwaltskanzlei eingeholt werden muss. Wie bereits erwähnt gilt dies auch für die bereits jetzt eingesetzten PC, Tablets, Smartphones, Drucker, Faxgeräte, Telefonanlagen etc. und nicht erst für die elektronische Akte.
Daten in der Cloud – es kann so einfach und sicher sein
Auch Anwälte schätzen es sehr, wenn Abläufe einfach und praktisch sind. Man freut sich, dass iPhone, iPad und PC über iCloud schnell synchronisiert sind und alle Informationen an jedem Gerät zur Verfügung stehen. Auch der Datenaustausch über dropbox wird gern genutzt. Dabei wird häufig ausgeblendet, dass die Daten bei diesen und einer Menge vergleichbarer Dienste über Server in den USA geleitet werden. Die US-amerikanischen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten sind ohnehin deutlich geringer als europäisches oder deutsches Recht dies fordern. Inzwischen ist bekannt, dass diese Vorschriften auch nur zum Schutz von US-Bürgern, nicht aber von nur zufällig über die USA geleiteten Daten von Ausländern gelten sollen. Inwieweit nach den Veröffentlichungen von Edward Snowden Vereinbarungen wie die Safe-Harbour-Regeln noch Schutz bieten, ist unklar. Anwaltskanzleien müssen daher sorgfältig abwägen, bevor solche Dienste in Anspruch genommen werden. Es gibt Alternativen, bei denen die Daten in Deutschland oder zumindest in Europa gehalten werden und zusätzlich eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für größtmögliche Sicherheit sorgt. Natürlich ist die Sicherheit immer mit einem gewissen Aufwand verbunden, den Anwaltskanzleien im Hinblick auf die Bedeutung der Vertraulichkeit für ihre Arbeit allerdings leisten sollten.
„Umparken im Kopf“ – ein Denkanstoß für Anwaltskanzleien
Frei nach dem aus der Opel-Werbung bekannten Slogan „Umparken im Kopf“ gilt für Anwaltskanzleien, nicht verbissen die bisherigen Abläufe 1:1 auf die elektronischen Medien zu übertragen, sondern die Chancen medienentsprechend zu nutzen und die Risiken mithilfe wirksamer Mittel auszuschließen.
Dr. Thomas Lapp
Ein exemplarischer Blick auf das Portfolio von ReNoStar…
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