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Die Rechtsanwaltschaft kann sich der Digitalisierung nicht verschließen

Die Rechtsanwaltschaft kann sich der Digitalisierung nicht verschließen

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Interview mit Leonora Holling, RAK Düsseldorf

(shg) – Das beA – das besondere elektronische Anwaltspostfach – stand schon kurz vor der Einführung… Soweit die Theorie. Nun arbeiten alle Beteiligten mit Hochdruck daran, das beA baldmöglichst an den Start zu bringen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, im Rahmen des 25. Deutschen EDV-Gerichtstags in Saarbrücken mit Leonora Holling, Schatzmeisterin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, zu sprechen. Sie engagiert sich in der RAK Düsseldorf intensiv für die Aus- und Fortbildung rund um das beA.

  • Sehr geehrte Frau Holling, wie stehen Sie zum beA? Brauchen/wünschen Sie das oder ist es die normative Kraft des Faktischen?

Im Zeitalter der Digitalisierung, die praktisch in all unseren Lebensbereichen Einzug hält, kann und sollte sich eine moderne Rechtsanwaltschaft dieser Digitalisierung nicht verschließen. Insoweit sieht die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf das beA als eine Antwort auf das Spannungsfeld zwischen moderner Kommunikation einerseits und der Verpflichtung zur Wahrung unserer Verschwiegenheit als Rechtsanwälte auf der anderen.

  • Ist das beA in der Lage, die Kommunikationsarbeit der Kanzleien zu vereinfachen und zu beschleunigen?

Ob das beA in der Lage sein wird, die Kommunikationsarbeit der Kanzleien zu vereinfachen oder sogar zu beschleunigen, vermag ich derzeit noch nicht zu beurteilen. Dies wird davon abhängen, wie handelbar das beA sich im Kanzleialltag darstellt. Allerdings kann ich sagen, dass für sehr viele Rechtsanwaltskanzleien der Einsatz von e-Mails zur Verfahrensbeschleunigung in der Vergangenheit beigetragen hat.

  • Wie hoch ist die Resonanz auf die beA Seminare der RAK Düsseldorf?

Die Resonanz auf die beA-Seminare der RAK Düsseldorf ist sehr hoch. Insoweit haben wir durch unsere Veranstaltungen im ganzen Kammerbezirk bereits mehrere hundert Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geschult. Dieses erfolgreiche Konzept setzen wir nunmehr auch für die Mitarbeiter von Rechtsanwaltskanzleien fort.

  • Wie leicht oder schwer ist das beA bei Nutzung der Webanwendung zu bedienen?

Bei dem beA handelt es sich nach meinen persönlichen Erfahrungen eigentlich um ein ganz normales e-Mail-System. Eine besondere Schwierigkeit kann ich nicht erkennen.

  • Ist es nicht vorteilhaft für die Anwälte, das beA lieber in die Kanzleisoftware zu integrieren, um direkten Aktenbezug herzustellen?

Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen soll das beA direkt an die Kanzleisoftware andocken, um einen direkten Aktenbezug herzustellen. Wie die Umsetzung letztendlich erfolgen wird, vermögen derzeit nur die Kanzleisoftwarehersteller zu beantworten.

  • Wie stehen die Anwälte der RAK Düsseldorf generell zum beA?

Während meiner Seminare zum beA, die wir ja bereits im Jahre 2015 gestartet haben, hatte ich Gelegenheit mit sehr vielen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten des Kammerbezirkes der RAK Düsseldorf zu sprechen. Es gibt, wie überall in der Bundesrepublik, sowohl Befürworter als auch Skeptiker des beA. Ich glaube in dieser Hinsicht unterscheidet sich unser Kammerbezirk nicht von anderen.

  • Wie gut werden Sie von der BRAK über die weiteren Entwicklungen informiert?

Die RAK Düsseldorf verlässt sich nicht nur auf die durch die BRAK in regelmäßigen Abständen herausgegebenen Informationen, sondern fragt aktiv nach. Allerdings würden wir uns an der einen oder anderen Stelle noch eine bessere Informationspolitik der BRAK wünschen, um unsere Mitglieder zeitnäher informieren zu können.

  • Welche Probleme sind auf Basis der bisherigen Erfahrungen schon jetzt absehbar?

Aufgrund des Umganges mit der sogenannten Schulungsumgebung des beA hatten wir als Verantwortliche bei der RAK Düsseldorf bereits Gelegenheit, ein paar Erfahrungen mit dem beA zu sammeln. Auch haben uns bereits Kolleginnen und Kollegen über Erfahrungen berichtet, die sie im Zusammenhang mit der Freischaltung der beA-Karte gemacht haben. Offensichtlich gibt es Schwierigkeiten bei der sogenannten Client-Security, da diese das Herunterladen von JAVA erfordert. Etwa beim Web-Browser Edge wird JAVA jedoch nicht akzeptiert. Ähnliche Schwierigkeiten soll es auch bei Apple-Geräten geben. Ich selbst konnte in Erfahrung bringen, dass es manchmal Schwierigkeiten bei der Netzstabilität gibt, die dann dazu führen, dass man nicht in die Anwendung hineingelangt.

  • Was würden Sie sich beim beA – so es denn in der aktuellen Form online geht – an Änderungen oder Verbesserungen wünschen?

Derzeit kann man sicherlich noch nicht sehr viel darüber sagen, welche einzelnen Features des beA als sinnvoll oder weniger sinnvoll, gut oder schlecht handhabbar anzunehmen sind. Allerdings denke ich, was sich die meisten Kolleginnen und Kollegen wünschen ist, dass auch die sogenannten mobilen Endgeräte für das beA nutzbar sind.

  • Haben Sie Informationen von der BRAK, wann die Anbindung von Kanzleisoftware-Produkten möglich sein wird? Es gibt ja bisher von der BRAK keine funktionsfähigen Schnittstellen.

Die Einbindung von Kanzleisoftwareprodukten ist nach den uns vorliegenden Informationen auf dem Weg. Mitte September lag wohl noch keine funktionsfähige Schnittstelle vor, allerdings soll dies wohl inzwischen (Mitte Oktober 2016 – Anm. d. Red.) anders sein. Nähere Informationen haben wir hierzu aber nicht.

  • Haben Sie oder Ihre Kollegen schon einmal über die Nutzung alternativer Kommunikationslösungen, beispielsweise den E-Post-Briefs nachgedacht? Dieser ermöglicht ja ebenfalls eine digitale und sogar analoge Kommunikation, je nach technischem Ausbaustand des Empfängers.

Sicherlich hat jeder, der sich mit elektronischer Kommunikation auseinandersetzt, die verschiedenen alternativen Möglichkeiten angedacht. Etwas problematisch an diesen anderen digitalen Lösungen ist, dass aus meiner Sicht hier Probleme mit der Verschwiegenheitsverpflichtung der Rechtsanwaltschaft bestehen. Die durch das beA sichergestellte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und die Speicherung der Daten auf Servern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist aus meiner Sicht derzeit alternativlos.

  • Woran könnte es Ihrer Meinung nach liegen, dass es nach wie vor einige Kollegen gibt, die sich generell gegen solche technischen Neuerungen sperren und dazu ggf. sogar den Rechtsweg einschlagen und ausschöpfen?

Zunächst einmal bin ich der festen Überzeugung, dass technische Neuerungen immer bei dem einen oder anderen auf Ablehnung stoßen. Dies mag zum einen damit im Zusammenhang stehen, dass man die technischen Neuerungen nicht genau kennt, was dazu führt, dass man diese für nicht beherrschbar hält. Zum anderen, und das ist für mich absolut nachvollziehbar, besteht eine gewisse Sorge welche finanziellen Mehrbelastungen durch eine neue Technik auf die Anwaltschaft zukommen. Da das beA sicherlich auf Dauer sinnvoll nur in einem digitalisierten Büro eingesetzt werden kann, werden hier zugegebenermaßen auch in den nächsten Jahren einige Investitionen in die Rechtsanwaltskanzleien erforderlich sein.

  • Wie könnte man die Akzeptanz des beA in die Breite bringen?

Wie man die Akzeptanz des beA in die Breite bringen kann, ist eine sehr gute Frage. Meines Erachtens wird dies gelingen, wenn das beA möglichst bald starten kann und seine Funktionsweise dann hoffentlich die Kollegenschaft überzeugt.

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