Rechtsmarkt

Agenda 2030 für Ihre Kanzleistrategie

Agenda 2030 für Ihre Kanzleistrategie

Agenda 2030 für Ihre Kanzleistrategie

Neue Strategien vorausschauend entwickeln

Der Rechtsdienstleistungsmarkt ist in Bewegung. Auch wenn die technischen und demografischen Veränderungen heute noch wie eine leichte Dünung erscheinen, so könnten sie morgen bereits als Flutwelle Ihre Kanzlei bedrohen. „Das mag übertrieben klingen – aber genau so ist es“, sagt Ulrich Lohmann, Hauptabteilungsleiter Kunden-Service und Schaden-Management bei der ÖRAG Rechtschutzversicherung, Bezug nehmend auf die Prognos Studie „Der Rechtsdienstleistungsmarkt 2030“. Hier in kanzleiLife vermittelt er seine Einschätzung über die bevorstehenden Entwicklungen und den Veränderungsdruck, dem die Mehrzahl aller Kanzleien ausgesetzt werden.

„In meinen Vorträgen zum Thema „Entwicklung Rechtsdienstleistungsmarkt“ erkläre ich meinen Zuhörern gern die Herausforderungen, denen sich Kanzleien mit Weitblick schon jetzt stellen sollten“, so Ulrich Lohmann.

„Die Marktveränderungen, denen die Anwaltschaft in Zukunft ausgesetzt sein wird, werden dramatisch sein. Die Bevölkerung wird zwar bei etwa 80 Mio. Bürgern, und damit Nachfragern, stabil bleiben trotzdem wird der Rechtsdienstleistungsmarkt immer dichter. Das sind nicht die besten Aussichten für höhere Erträge in den juristischen Berufen. Zudem verändern sich auch die Rahmenbedingungen weiter: Großkonzerne, nicht nur aus dem Bereich der Versicherungen, und Non-Profit-Organisationen nehmen Einfluss auf Ihren Markt. Neue weniger einträgliche Rechtsdienstleistungsangebote werden sich etablieren und die technische Weiterentwicklung reicht von optimierten Internettechnologien bis zu intelligenten neuen Softwarelösungen, die ein effizienteres Arbeiten in den Kanzleien bei Standardfällen gewährleisten sollen. Daneben wird auch das Internet eine entscheidende Rolle spielen und das Verhalten potenzieller Mandanten verändern. Weiter zu agieren, ohne sich den neuen Anforderungen zu stellen, ist daher für Kanzleien ein Risiko.“ Ulrich Lohmann ist ein Freund klarer Worte, wenn es darum geht, darauf aufmerksam zu machen, wie bewährtes Verhalten auf Dauer in eine Sackgasse führt.

Sein Standpunkt: Seien Sie offen und stellen Sie sich den in der Studie genannten Marktveränderungen, indem Sie Ihre Strategien und die Technologiebasis Ihrer Kanzlei an die Veränderungsnotwendigkeiten anpassen, damit ein erfolgreicher Kanzleibetrieb auch über das Jahr 2030 hinaus möglich wird.

Agenda 2030 – Zukunft aktiv gestalten oder aussteigen

Zunächst zeigt die Studie in der Markteinschätzung einige Fakten auf, die nachdenklich stimmen sollten. Zwar ist der Rechtsdienstleistungsmarkt relativ unabhängig von Konjunktur und Saison, aber in den vergangenen zehn Jahren wurden sehr viele neue Kanzleien gegründet. So gibt es laut Studie mehr als 54.000 Anwaltskanzleien in Deutschland, die den Wettbewerb in der Anwaltschaft verschärfen. Darüber hinaus erschwert die Konkurrenz aus dem nicht-anwaltlichen Sektor den Kanzleien die Mandantenakquise. Bedeutend ist auch die Tatsache, dass große Unternehmen sowie Versicherungen ihren Einfluss ausbauen werden und aufgrund ihrer Marktposition zunehmend hohe Beratungsqualität zu reduzierten Kosten fordern. Damit wird es für Kanzleien immer bedeutsamer, möglichst viele „Standard“-Fälle schematisiert und effizient zu bearbeiten, um am Ende einen vernünftigen Ertrag zu erwirtschaften. Dabei kommt der elektronischen Kommunikation sowie modernen Softwarelösungen mit intelligenten Modulen für bestimmte Fachbereiche eine steigende Bedeutung zu.

Erhebliches Potenzial für die Zukunft bietet auch das Mediationsverfahren. Je nach Rechtsgebiet können die Betroffenen eine langfristige und für alle Beteiligten komfortable Lösung erreichen, ohne ein langwieriges und oftmals im Ergebnis unbefriedigendes Gerichtsverfahren führen zu müssen. Da dies letztlich auch im Interesse der Rechtsschutzversicherer ist, wird es in Zukunft vermehrt Anreizsysteme geben, die ein solches Vorgehen fördern. Dies ist ein weiteres Argument für die Einführung innovativer, effizienter IT-Lösungen in der Kanzlei, die verhindern helfen, dass in diesen Fällen möglicherweise Verbraucherzentralen und Non-Profit-Organisationen an den Anwaltskanzleien vorbeiziehen.

Zusätzliches Risiko für die Anwaltschaft: Der Online-Rechtsdienstleistungsmarkt entwickelt sich rasant weiter. Folge: Es werden vermehrt Rechtsdienstleistungs­unternehmen auf den Markt drängen, die gegen Erfolgshonorar in bestimmten Marktsegmenten die Interessen und Forderungen von Kunden vertreten – ggf. sogar gesammelt für mehrere ähnlich gelagerte Mandate. Dessen ungeachtet nimmt ebenfalls das „Selbstbedienungswissen“ zu. Rechtsauskünfte werden mit steigender Genauigkeit auch online bereitgestellt, beispielsweise für Verbraucherthemen, Sozialrechtsfragen und ähnlichen Themen mit hoher Nachfrage und ähnlichen Fragestellungen. Dieses standardisierte Wissen zwingt den Anwalt dazu, sich aktiv neue, „hochwertigere“ Märkte zu erschließen.

Der Anwaltsmarkt – Druck von vielen Seiten

Ulrich Lohmann fasst einige Erkenntnisse der Studie zusammen und bildet daraus zehn entscheidende Thesen:

  1. Kanzleien brauchen eine Strategie auf der Basis hochwertiger Eigenständigkeit
    Die wirtschaftlich strategische Spezialisierung – nicht nur durch Fachanwaltschaften – ist wichtiger als der Standort einer Kanzlei. Strategische Kooperationen mit Organisationen, die kostenfreie Beratungen anbieten, können den Profit steigern. Hochpreisige, hoch spezialisierte Rechtsberatung, Online-Geschäftsmodelle und interprofessionelle Zusammenarbeit sind neue Umsatzträger.
  2. Kanzleien brauchen Marketing und Akquise
    Das Potenzial durch Kanzleimarketing wird von den meisten Kanzleien bisher kaum erschlossen. Es entsteht die Notwendigkeit eines systematischen Marketing- und Akquisemanagements (Planung, Steuerung, Wirkungsmessung), Social Media gewinnt an Bedeutung. Kontaktpflege zu Mandanten fehlt heute oft noch völlig. Die Mandantenansprache ist nicht fokussiert.
  3. Kanzleien brauchen einen Markennamen
    Zur Markenbildung gehört ein zielgerichtetes Marketing- und Kommunikationskonzept (inklusive Corporate Design), das als wichtiges Wiedererkennungselement dienen soll. Fachliche Beiträge im Internet steigern Wahrnehmung und Nachfrage. Kooperationen mit anderen Rechtsdienstleistern und Versicherern erhöhen die Sichtbarkeit.
  4. Kanzleien brauchen ein Netz (virtuelle Kanzleizusammenschlüsse auf Zeit)
    Kanzleien sollten sich als flexible Netzwerke und Kooperationen je nach Mandat zusammenfinden, um für die Zeit des Rechtsfalls Abläufe zu optimieren. Die notwendigen technischen Voraussetzungen sind durch Internettechnologien längst etabliert. Somit sind online basierte temporäre Netzwerke ebenso möglich wie virtuelle Kanzleizusammenschlüsse.
  5. Kanzleien brauchen Kanzleimanagement (QM, Zertifizierung)
    Mandanten werden anspruchsvoller. Sie erwarten effiziente, sachgerechte und professionelle Dienste zu moderaten Kosten.
    Kontrollinstrumente zur Einhaltung der Absprachen, die Dokumentation von Arbeitsabläufen sowie Arbeitszeiterfassungssysteme werden unabdingbar.
  6. Kanzleien brauchen elektronische Unterstützungen, insbesondere Schnittstellen
    Technologie wird zum Zukunftstreiber unter den Anwälten. Trotz hoher Verbreitung von Kanzleisoftware nutzen heute nur wenige Kanzleien Managementlösungen und elektronische Aktenführung – und das, obwohl davon auszugehen ist, dass die Justiz bereits in wenigen Jahren die E-Akte fordern wird! Betriebswirtschaftliche Aspekte werden künftig komplett durch IT-Lösungen abgewickelt. Eine ineffiziente doppelte Aktenführung in der IT und auf Papier wird es 2030 nicht mehr geben. Unverständlicherweise planen laut Prognos Studie heute nur weitere 13 Prozent der Kanzleien die Einführung der E-Akte.
    Online-Anbieter werden standardisierbare Beratungsleistungen sowie die Vermittlung von Anwälten via Internet fordern.
  7. Kanzleien brauchen Kostenbewusstsein
    Kostenkontrolle und Überprüfung der Wirtschaftlichkeit einzelner Mandate als zentraler Aspekt des Kanzleimanagements findet bei rund 25 Prozent aller Kanzleien bisher nicht regelmäßig statt.
    Kaum zu glauben – heute kennen etwa 20 Prozent der Kanzleiinhaber nicht die Kostenquote ihrer eigenen Kanzlei.

Aufgrund des Strukturwandels werden die Preise am Rechtsdienstleistungsmarkt sinken. Dadurch ist die Existenz einiger Kanzleien bedroht.

  1. Kanzleien brauchen Budgetplanungen, z. B. für Weiterbildung, Mitarbeiterbindung,…
    Die eigenen Mitarbeiter und deren Wissen sind wichtige Wettbewerbsfaktoren. Teambildung, Aufbau sowie Pflege einer Unternehmensstruktur werden bisher oftmals ebenso wenig gefördert, wie die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeiter. Marketing- und Werbebudgets sind heute noch oft Fremdworte in Kanzleien.
  2. Kanzleien brauchen anderes Personal
    Zentrales Instrument ist die Fortbildung zum Fachanwalt. Wenn parallel beim Office Management keine Fortbildungsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden, wird es zu einem Fachkräftemangel kommen. Die Rolle der Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten in den Kanzleien wird zunehmend von Bachelorjuristen und angestellten Anwälten als dritter Ebene übernommen. Das Thema Kundenorientierung muss auch beim Personal weiter verankert werden. Personalmanagement und Work-Life-Balance werden bedeutender und erfordern innovative Angebote. Mit IT-Hilfe werden flexible Arbeitszeitmodelle und Home-Offices möglich (E-Akte, digitales Diktat, digitale Kommunikation)
  3. Kanzleien müssen sich mit Arbeitsteilung und Outsourcing beschäftigen.
    Kanzleiinhaber sollten die Potenziale von Fusionen oder Bürogemeinschaften für sich evaluieren. „Lawyers on demand“ ist das Stichwort für heute noch atypische Beschäftigungsformen wie freie bzw. projektbezogene Mitarbeit, Leih-, Zeit- und Teilzeitarbeit. Die Nachfrage nach sog. Paralegals, also Wirtschaftsjuristen und Personen mit nur einem 1. Staatsexamen, steigt. Kanzleifusionen erfolgen ganz einfach virtuell. Strategische Kooperationen eröffnen neue Profitmöglichkeiten.

Ulrich Lohmann ergänzend: „Die ÖRAG Rechtsschutzversicherung begleitet und unterstützt insbesondere Anwaltskanzleien dabei ihr Geschäft mit zukunftsfähigen Strategien und Technologien auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten. Sie bietet über ihre Beteiligung an der Reha Assist Kontakte zu interessanten Partnern in gemeinsamen Märkten, zum Beispiel im medizinischen Bereich.

Zudem bietet sie allen Kanzleien bereits heute die schnelle, elektronische Abrechnung ihrer Mandate. Unser Tochterunternehmen D.R.S. Deutsche Rechtsanwalt Service GmbH, hilft bei der Optimierung der Büroorganisation und der Erlangung notwendiger oder hilfreicher Zertifizierungen.“

Fazit

Insgesamt gibt es wesentliche Erfolgsfaktoren für zukunftssichere Kanzleien. Dazu gehört ein stärker kaufmännisch ausgerichtetes Handeln vom Marketing (Kanzleimarketing, Internetauftritt, Markennamen) bis zu einer standardisierten Arbeitsweise in einigen Rechtsgebieten, z. B. Rechtsschutz-Versicherungsfälle sowie im Verkehrsrecht, bei der Unfallschadenregulierung, im Reiserecht und im Arbeitsrecht mit ihren sich häufig wiederholenden Fallkonstellationen.

Kaufmännisches Agieren ist auch notwendig, um schematisierte Fälle und Rechtsberatungen sowie Mediationen kostendeckend, erfolgreich und schnell umsetzen zu können. Schnelle, sachgerechte Dienstleistungen sowie deren Anzahl bestimmen den Erfolg. Daneben ist die elektronische Kommunikation und eine einfache, sachdienliche Vernetzung mit Anwälten unterschiedlicher Tätigkeitsschwerpunkte Voraussetzung für weitere Geschäftserfolge. Die Kanzlei hat somit die Möglichkeit auf Zeit als eine universell tätige und erfahrene Großkanzlei zu agieren, die jedoch nur im virtuellen Raum existiert.

In der Kanzlei setzt dieses neue, fomularmäßige Abarbeiten voraus, dass das Personal in der Lage ist, einem künftigen Mandanten die richtigen Fragen zu stellen, um schnell und zielgerichtet – also effizient – den passenden Lösungsweg einzuschlagen. Dies setzt ein „echtes“ Kanzleimanagement und ein dazu passendes Qualitätsmanagement voraus.

Die Ergebnisse der Prognos Studie wird der Verlag in enger Zusammenarbeit mit Spezialisten weiter detaillieren und zu einer eBook-Publikation zusammenfassen.

Zur Person – Ulrich Lohmann

Ulrich Lohmann ist seit dem Abschluss seines Jurastudiums zugelassener Rechtsanwalt. 1988 trat er in die ÖRAG als Schadensachbearbeiter ein und hat in den folgenden Jahren die Leitung verschiedener Teams und Abteilungen übernommen.

Seit 2007 ist er Hauptabteilungsleiter / Direktor Kundenservice.
Darüber hinaus übernahm er mit der Gründung im Jahr 2009 die Geschäftsführung der D.R.S. Deutsche Rechtsanwalts Service GmbH, einer 100 % Tochter der ÖRAG. Die D.R.S. bietet über ein flächendeckendes Anwaltsnetzwerk aus rund 380 Kanzleien kompetente Beratung zu allen rechtlichen Fragen.

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