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Freundliche Übernahme – 10 Tipps für eine erfolgreiche Kanzleiübernahme

Freundliche Übernahme – 10 Tipps für eine erfolgreiche Kanzleiübernahme

Freundliche Übernahme

10 Tipps für eine erfolgreiche Kanzleiübernahme

Wir haben es hier schon mehrfach thematisiert – es geht um die Übernahme/Übergabe einer Kanzlei. Aber was ist sie tatsächlich wert? Diese Frage stellen sich sohl Verkäufer als auch potenzielle Interessenten. Eine Vielzahl von messbaren Faktoren sollte daher in die Bewertung mit einfließen. An dieser Stelle können wir nur einen groben Überblick geben, denn am Ende empfehlen wir, für eine so weit reichende Entscheidung die Hilfe branchenerfahrener Berater in Anspruch zu nehmen. Meist ist nur auf diese Weise ein für beide Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen, das alle relevanten Wert-Faktoren berücksichtigt. Wir danken an dieser Stelle den Beratern von Maxtarget für Ihre Unterstützung.

Es ist keine Seltenheit, dass Rechtsanwälte am Ende ihrer beruflichen Aktivitäten ihre etablierte Kanzlei an einen Nachfolger zu einem mehr oder weniger exakt berechneten Kaufpreis verkaufen. Erstaunlicherweise liegt dieser oft sogar unter dem realen Wert. Das lässt sich vermeiden, wenn vor dem Verkauf einige wertbestimmende Kriterien berücksichtigt werden. Daher nun unsere Top 10 für eine realistische Preisfindung:

1. Die blühende Kanzlei

Wünschenswert: Der übergebende Kanzleiinhaber hat die Kanzlei bis zuletzt so effektiv wie möglich geführt, effiziente Organisationsmittel eingesetzt und fachkompetentes Personal beschäftigt, das in der Lage ist, alle anstehenden organisatorischen Aufgaben professionell umzusetzen. Hat jedoch beispielsweise bereits ein Mandats- oder Personalabbau begonnen, so wirkt sich dies negativ auf den erzielbaren Kaufpreis aus. Das gleiche gilt für verminderte Marketingaktivitäten.

2. Standortwahl

Der Standort einer Kanzlei ist nicht selten ein bedeutender Faktor für die Wertbestimmung. So wäre es eher hinderlich fürs Geschäft, wenn eine Kanzlei im Hinterland ihre Schwerpunkte im Kapital- und Finanzrecht hätte. Diese Rechtsgebiete haben generell eine höhere Nachfrage im großstädtischen Einzugsbereich, wo in der Regel auch die notwendigen Großmandanten angesiedelt sind. Sprich: Passen Mandanten und Kanzlei auch räumlich zusammen?

3. Begleitete Übergabe

Es sollte schon vor der endgültigen Übergabe die Option bestehen, den Kanzleiübernehmer in der Kanzlei mitarbeiten zu lassen. Die Begleitung durch den übergebenden Anwalt ermöglicht es, Aktiva wie persönliche Kontakte, Großmandate oder Dauermandate rechtzeitig kennenzulernen und sich als Nachfolger einzuführen. So können Tätigkeiten als ADAC-Anwalt oder enge Kooperationen mit Rechtschutzversicherern geordnet übergeben und entsprechend fortgeführt werden. Dies ist die Basis dafür, am Ende nicht nur eine Art Forderungsabtretung „zu übernehmen“, bei der als einziger Erlös einige alte Akten und Vorgänge abgerechnet werden, ohne einen nachhaltigen Mehrwert zu schaffen. Schließlich geht es darum, die werthaltigen Assets einer Kanzlei zu übernehmen.

4. Effiziente, systematische Kanzleiorganisation

Wertbestimmend ist auch die Tatsache, ob die Kanzlei eine schlagkräftige Kanzleiorganisation vorhält, die von den Mitarbeitern und Vorgesetzten gelebt wird. Sie ist Voraussetzung dafür, dass der übernehmende Anwalt sich um die Akquisition und Bedienung neuer Mandate kümmern kann, ohne zunächst die komplette Organisation „umkrempeln“ zu müssen. Im Idealfall sollte es so sein, dass die neuen Mandate im Hintergrund in der erwarteten Qualität und Geschwindigkeit abgearbeitet werden können. Dazu gehört definitiv auch eine leistungsfähige IT-Landschaft mit einer professionellen Kanzleianwendung, die erfolgreiche, bewährte Arbeitsprozesse abbildet und es somit erspart, diese erst neu entwickeln zu müssen.

5. Operative Erlöse bewerten

Das Betriebsergebnis einer Kanzlei setzt sich nicht selten aus vielen Einzelpositionen zusammen, die ein möglicher Übernehmer teilweise nicht mehr erzielen kann. Beispielhaft sei hier die Autorenschaft für einen juristischen Verlag genannt, aus der der Kanzleivorgänger einen nicht unerheblichen Teil seiner Erlöse erzielt. Diese Tätigkeit kann ein Nachfolger nicht übernehmen. Würden sie also mitbewertet, so wären spätere Verluste nach der Übergabe kaum vermeidbar.

6. Rating der Kanzlei

In eine Bewertung müssen auch negative Kriterien einfließen. Eine ungeordnete Übernahme – sozusagen im „Hau-Ruck-Verfahren“ – mindert eher den Kaufpreis. Ein solcher Malus wäre beispielsweise Tod oder Krankheit des Kanzleiinhabers. Auch ein dringend anstehender oder unvermeidlicher Umzug könnte sich negativ auswirken, wenn der Inhaber seinen Betrieb nur deshalb schnell loswerden möchte. Hier wäre eine sinnvolle Einarbeitung und Übergabe nicht mehr möglich und eine realistische Kaufpreisfindung dementsprechend sehr schwierig. In einem solchen Fall empfiehlt sich eine Earn-out-Regelung, bei der man dem übergebenden Anwalt im Nachhinein einen Teil des Kaufpreises erfolgsabhängig bezahlt, ihn quasi für eine bestimmte Zeit an den Kanzleierträgen prozentual beteiligt.

7. Umsatzaussichten

Zu einem Rating gehören natürlich auch gute Umsatzaussichten, beispielsweise wenn der Kanzleiinhaber nachweisen kann, wie sich seine Umsätze über einen Zeitraum außergewöhnlich gut entwickelt haben und welche Steigerungspotenziale noch zu heben sind. Dazu ist es notwendig, die Mandantenstruktur genau zu beleuchten, um die Möglichkeiten und Chancen zu untermauern. Solche Informationen sollten schriftlich aufbereitet sein und Umsätze, Gewinne sowie Kosten berücksichtigen.

8. Wirtschaftliche Bedeutung der Region

Liegt die angebotene Kanzlei in einer Region, die auch künftig noch gute Umsatzaussichten mitbringt? Oder handelt es sich bei dem Gebiet beispielsweise um eine Gegend, in der mehr Unternehmen schließen als gegründet werden und dementsprechend hohe Insolvenzraten zu erwarten sind? In diesem Fall wäre eine Übernahme wohl nur dann sinnvoll, wenn der Übernehmer sich als Insolvenzanwalt selbstständig machen möchte.

9. Liquidität

Es geht um nichts weniger als die generelle Zahlungsmoral der wiederkehrenden Mandanten. Hat der Vorgänger aktiv darauf hingewirkt, dass Zahlungen pünktlich eingehen? Hohe Anteile von offenen Posten sind wertmindernd, da sie mit der Gefahr verbunden sind, deswegen später auch noch streitig in der eigenen Sache tätig werden zu müssen. Bewertet man eine Kanzlei nach ihren Umsätzen, so ist es von elementarer Bedeutung, dass das Geld am Ende reibungslos und tatsächlich fließt.

10. Neutrale Berater nutzen

Der entscheidende Rat ist, dass die genannten Fakten dann am exaktesten ermittelt werden können, wenn dies ein neutraler Berater übernimmt. Speziell seine Neutralität ist dabei entscheidend, denn bei direkten Verhandlungen zwischen Verkäufer und Käufer ist die Gefahr groß, dass solche Gespräche eher emotional werden. Der Berater sollte über eine langjährige betriebswirtschaftliche und branchenspezifische Erfahrung verfügen, um neutrale, sinnvolle Ergebnisse zu ermitteln, die zu einem Kaufpreis führen, der für beide Seiten akzeptabel ist. Ein direkter Dialog des Beraters mit dem übergebenden Anwalt ermöglicht es, die Forderungen an den ermittelten Realitäten zu „erden“. Dabei ist es interessant, dass der zunächst gewünschte Verkaufspreis nicht immer zu hoch angesetzt wird, sondern teils sogar zu niedrig. Das heißt, dass es im Interesse beider Seiten ist, eine fundierte Bewertung durchzuführen. Tipp daher: Wenn Sie eine Kanzlei kaufen oder verkaufen möchten, nutzen Sie die Dienste eines in Ihrer Branche erfahrenen Unternehmensberaters. Einige bieten sogar Abrechnungsmodelle, bei denen erst mit dem tatsächlichen Kauf Kosten entstehen.

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